How Do We Want To Live?

It is a great pleasure for me to announce today the imminent publication of my new book. It is entitled “Wie wollen wir leben?” and initially only appears in German. The book can be preordered in the Springer Shop or on Amazon (and will be available earlier than announced there). The cover can be accessed here.

In the foreword I explain why I wrote the book (in German – translation underneath):

“Schon ganz zu Beginn meines Medizinstudiums wusste ich, dass ich Hirnforscher werden wollte. Das Gehirn war zwar das komplexeste und am schwierigsten zu verstehende Organ, aber es war auch das bei weitem faszinierendste. Mir war ein Rätsel, wie man sich demgegenüber für so profane Organe wie die Leber, die Prostata oder auch das Herz interessieren konnte. Je mehr ich mich aber mit den verschiedenen Spielarten der Neurowissenschaften beschäftigte – zum Beispiel in meinem Praktischen Jahr in der Neurologie – desto klarer wurde mir, dass mir die Beschäftigung mit den Erkrankungen des Gehirns und der Nerven nicht ausreichen würde. Bis heute interessieren mich am brennendsten die Fragen nach der Basis und den Ursprüngen von Geist, Psyche und Bewusstsein. So entschied ich mich, Psychiater zu werden, und ich habe das bis zum heutigen Tage nicht bereut. Kein medizinisches Fach ist so vielgestaltig und facettenreich wie dieses, und während man sich einerseits mit den Grundfragen des Menschseins befasst, hat man es doch andererseits an jedem einzelnen Tag mit leidenden Menschen zu tun, denen man Trost zu spenden und Hilfe anzubieten hat. Das ist ein faszinierendes und inspirierendes Spannungsfeld, das Wachheit und Kreativität erhält und fördert.

Mein erster akademischer Lehrer war ein renommierter „biologischer Psychiater“ und Psychopharmakologe, und ihm habe ich meinen Weg in eine akademische Laufbahn zu verdanken. Im Laufe der jahrelangen klinischen und wissenschaftlichen Arbeit erwarb ich so auch eine gewisse Kompetenz in der Psychopharmakologie. Der Eingriff in die Hirnchemie durch chemische Substanzen ist ein begeisterndes Feld. Die Möglichkeiten der Behandlung von schweren psychischen Störungen, die sich dadurch ergeben haben, sind beeindruckend, aber zweifellos kann eine schlecht durchgeführte Pharmakotherapie auch Schaden anrichten. Seit Jahrzehnten beschäftigt mich nun auch die Frage, wie diese Substanzen ihre Wirkungen entfalten. Damit eng zusammen hängt die Frage, wie aus der Aktivität von Nervenzellen psychisches Erleben oder auch ein Bewusstsein seiner Selbst entsteht. Vorstellungen, dass man nur gezielt genug in die Hirnchemie eingreifen müsse, um letztendlich jedes psychische Leiden abzustellen, stand ich jedoch immer skeptisch gegenüber, und Menschen, die völlig überzeugt – nicht überzeugend – die Meinung vertraten, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis man genug über das Gehirn wisse, um psychiatrische Erkrankungen aus der Welt zu verbannen, verblüfften mich. Für mich ist das Erlebnis des eigenen Selbst ein Mysterium geblieben, und unser Unverständnis, wie es entsteht, erfüllt mich mit Demut.

Nun habe ich das Gefühl, dass die Stimmen (Wissenschaftler, Hirnforscher, vor allem aber Psychiater), die den Menschen für eine komplexe Biomaschine halten, die man nur gut genug verstehen müsse, um Depression und Angst zu beseitigen, immer lauter und dominanter werden. Psychisches Erleben ist hier nur Epiphänomen von biologischer Funktion. Gerne wird das Gehirn mit einem Computer verglichen, und künstliche Intelligenz soll demnächst in der Lage sein, Hirnfunktion so gut zu simulieren, dass eine psychische Störung entdeckt werden kann, bevor sie entsteht, und sollte es doch einmal dazu kommen, so wird uns der Computer durch die Analyse all unserer „Biomarker“ dabei helfen, sie mit molekularer Präzision zu heilen. Das geht so weit, dass uns ein israelischer Historiker erklärt, dass der Eingriff ins Gehirn der Weg zum „globalen Glück“ sei.

Handelt es sich hier nur um einen Wettstreit der Ideen, um einen Diskurs unter Wissenschaftlern? Nach meiner Überzeugung geht es hier tatsächlich um weit mehr. Es geht um ein dominantes, sehr reduktionistisches Weltbild, das unser Denken über uns selbst bestimmt und unsere Kultur durchdringt. Unsere Weltbilder aber sind es, die bestimmen, wie wir miteinander leben, wie wir arbeiten, wie wir uns bilden und welches Gesundheitssystem wir uns wünschen. Wir haben ein enormes Wissen darüber angehäuft, wie unsere Gene und unsere Biologie unser Denken, Fühlen und Handeln determinieren. Dabei wird jedoch gerne vergessen, welchen enormen Handlungsspielraum wir haben. Glück entsteht nicht im individuellen Gehirn, sondern in der sozialen Interaktion zwischen Menschen. Und wie wir – aktiv und bewusst – diese Interaktionen gestalten, wird über unsere Zukunft entscheiden.”

English translation of the foreword:

“At the very beginning of my medical studies, I knew that I wanted to become a brain researcher. While the brain was the most complex and difficult organ to understand, it was also by far the most fascinating. It was a mystery to me how one could be interested in such mundane organs as the liver, the prostate or the heart. But the more I dealt with the different types of neuroscience – for example in my practical year in neurology – the more I realized that dealing with diseases of the brain and nerves would not be enough for me. To this day I am most interested in questions about the basis and origins of mind, psyche and consciousness. So I decided to become a psychiatrist and I haven’t regretted it to this day. No medical subject is as varied and multifaceted as this, and while on the one hand one deals with the basic questions of human existence, on the other hand one has to deal with suffering people every single day, to whom one has to give comfort and offer help. This is a fascinating and inspiring field of tension that maintains and promotes alertness and creativity.

My first academic teacher was a renowned “biological psychiatrist” and psychopharmacologist, and it owe him my path to an academic career. In the course of many years of clinical and scientific work, I also acquired a certain competence in psychopharmacology. The intervention in brain chemistry through chemical substances is an exciting field. The possibilities of treating the severe mental disorders that have arisen are impressive, but there is no doubt that poorly administered pharmacotherapy can also cause harm. For decades now I have also been concerned with the question of how these substances develop their effects. Closely related to this is the question of how the activity of nerve cells gives rise to psychological experience or an awareness of oneself. However, I was always skeptical of ideas that one only had to intervene in brain chemistry in a targeted enough manner to ultimately turn off any psychological ailment, and people who were completely convinced – not convincing – that it was only a matter of time until one knew enough about the brain to banish psychiatric illnesses from the world amazed me. For me, the experience of oneself has remained a mystery, and our lack of understanding of how it comes about fills me with humility.

Now I have the feeling that the voices (scientists, neuroscientists, but above all psychiatrists) who consider humans to be a complex bio-machine that one just needs to understand well enough to eliminate depression and anxiety are getting louder and more dominant. Psychological experience is here only an epiphenomenon of biological function. The brain is often compared to a computer, and artificial intelligence should soon be able to simulate brain function so well that a mental disorder can be discovered before it occurs, and should it happen, the computer will help cure them with molecular precision by analyzing all of our “biomarkers”. This vision goes so far that an Israeli historian explains to us that intervention in the brain is the way to “global happiness”.

Is it just a question of a competition of ideas, a discourse among scientists? I believe there is actually much more to it here. It’s about a dominant, very reductionist worldview that determines our thinking about ourselves and permeates our culture. But it is our worldview that determines how we live together, how we work, how we educate ourselves and which health system we want. We have accumulated an enormous amount of knowledge about how our genes and our biology determine our thinking, feeling and acting. However, people tend to forget the enormous room for maneuver we have. Happiness does not arise in the individual brain, but in the social interaction between people. And how we – actively and consciously – shape these interactions will determine our future.”